Von Willebrand-Erkrankung

Die zahlenmäßig häufigste, angeborene Blutungsneigung ist die Von Willebrand-Erkrankung mit einer Häufigkeit in der deutschen Bevölkerung von bis zu 1%. Die Von Willebrand-Erkrankung zeichnet sich prinzipiell durch eine sehr unterschiedliche Ausprägung aus.

 

Ursache für die Erkrankung ist entweder eine Verminderung bzw. ein komplettes Fehlen oder eine strukturelle Störung des von Willebrand-Faktors. Der Von Willebrand-Faktor hat vor allem zwei wichtige Aufgaben im Gerinnungssystem: In der ersten Phase des Gerinnungsprozesses (primäre Hämostase) sichert er zu einem großen Teil die Anheftung der Blutplättchen (Thrombozyten) an die Verletzungsstelle. In der zweiten Phase des Gerinnungsprozesses (sekundäre Hämostase) schützt der Von Willebrand-Faktor den an ihn gebundenen Faktor VIII vor dem vorzeitigen Abbau.

Die laborchemische Diagnose ist oft schwierig, weil die Spiegel des Von Willebrand-Faktors individuell sehr unterschiedlich sind und auch in Abhängigkeit der Blutgruppe schwanken.

Auch bei eher milden Formen der Von Willebrand-Erkrankung treten häufig Nasenbluten und eine vermehrte Hämatomneigung auf. Übermäßig starke Menstruationsblutungen sowie Schleimhautblutungen werden ebenfalls häufig beobachtet. Nach operativen Eingriffen kommt es vor allem nach dem Ziehen von Zähnen und bei Operationen im Hals-Nasen-Ohren-Bereich, aber auch bei anderen Eingriffen ohne vorherige Therapie zu Blutungskomplikationen. 

Die Von Willebrand-Erkrankung wird in verschiedene Typen eingeteilt:

Typ Beschreibung
 Typ 1 teilweiser Mangel des Von Willebrand-Faktors
 Typ 2 unterschiedliche Funktionsdefekte des Von Willebrand-Faktors
 Typ 2A Bindungsfähigkeit an Blutplättchen und Kollagen vermindert sowie Störung der Funktion der   Blutplättchen
 Typ 2B erhöhte Bindungsfähigkeit zu Blutplattchen
 Typ 2N verminderte Bindung an FVIII, damit auch FVIII reduziert
 Typ 3 vollständiger Mangel des Von Willebrand-Faktors, damit auch FVIII reduziert

 

In sehr seltenen Fällen existiert auch eine erworbene Form der Von Willebrand-Erkrankung mit zumeist strukturell gestörtem Von Willebrand-Faktor (z.B. bei der Aortenstenose oder unter antiepileptischer Therapie mit dem Medikament Valproinsäure). Diese Fälle muss man von der angeborenen Von Willebrand-Erkrankung unterscheiden. 

Behandlung der Von Willebrand-Erkrankung

Für die Behandlung der Von Willebrand-Erkrankung stehen heute geeignete Medikamente zur Verfügung. Mit Von Willebrand-Faktor-haltigen Faktorenkonzentraten ist es möglich, den fehlenden oder defekten Von Willebrand-Faktor des Patienten zu ersetzen. Bei der schweren Von Willebrand-Erkrankung hat sich ähnlich wie bei der Hämophilie die Heimselbstbehandlung bewährt.

In leichten Fällen der Von Willebrand-Erkrankung kann etwa ab dem fünften Lebensjahr das Medikament Desmopressin eingesetzt werden, um Von Willebrand-Faktor aus körpereigenen Speichern freizusetzen. Auch die Anwendung von Medikamenten, welche die Auflösung von Blutgerinsel verzögern (Antifibrinolytika) ist möglich. 

Historisches zur Von Willebrand-Erkrankung

Die von Willebrand-Erkrankung wurde nach dem finnischen Arzt Erik Adolf von Willebrand (1870–1949) und dem deutschen Arzt Rudolf Jürgens (1898–1961) benannt, deshalb auch häufig noch die Bezeichnung Von Willebrand-Jürgens-Syndrom. Früher wurde die Von Willebrand-Erkrankung auch noch als Angiohämophilie bezeichnet.

1926 veröffentlichte der finnische Arzt Erik Adolf von Willebrand seine Beobachtungen an einer großen Familie mit 66 Mitgliedern auf den Åland-Inseln, von denen 23 eine Blutungsneigung zeigten, darunter auch Frauen. Damit war eine klare Abgrenzung zur Hämophilie erkennbar, die in der Regel nur Männer betrifft. Er nannte diese neue Erkrankung angeborene Pseudohämophilie.

Vererbung der Von Willebrand-Erkrankung

Die Vererbung der Von Willebrand-Erkrankung erfolgt nicht geschlechts-spezifisch und kann sowohl von Männern als auch von Frauen vererbt werden. Sie ist abhängig vom Typ der Von Willebrand-Erkrankung. Es sind sowohl ein autosomal dominante als auch autosomal rezessive Erbgänge möglich. Typ 1 und Typ 2 werden meist autosomal dominant vererbt, Typ 3 autosomal rezessiv.

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